Die meisten neuen Objektive sind Modellen aus analogen Zeiten weit überlegen. Das hat viele Gründe. Besseres Glas, neue optische Rechnungen und genauere Fertigungstechniken sind nur einige davon. Trotzdem haben viele alte Objektive einen ganz besonderen Reiz. Neben der tollen Haptik eines alten Metall-Objektives, bieten einige alte Objektive aus analogen Zeiten einen, zwar nicht perfekten, aber ganz besonderen Bild-Look.
In diesem Artikel erfährst du, welche digitale Kamera ich für die beste Option halte, um günstig besonders viele alte Objektive adaptieren zu können. Damit lässt sich das eigene Objektiv-Repertoire sehr günstig um einige alte Gläser mit einzigartigem Charakter ergänzen.
DLSR oder DSLM?
In den letzten Jahren haben sich die spiegellosen Kameras von einer Randgruppe zu den neuen Stars des Kamera-Marktes aufgeschwungen. Aber macht es überhaupt einen Unterschied, ob man ein altes Objektiv an einer Spiegelreflex-Kamera oder an einem System ohne Spiegel verwendet?
Kurz gesagt: JA, es macht einen großen Unterschied. Im allgemeinen sind moderne Kameras ohne Spiegel besser geeignet, um alte Vintage-Objektive zu adaptieren. Eine Tatsache, die erstmal etwas kontra-intuitiv ist, da die meisten alten Objektive mal für analoge Spiegelreflex-Kameras gebaut wurden.
Aber spiegellose Kameras haben bei der Verwendung von alten Objektiven einige Vorteile gegenüber DSLRs.
Einer der wichtigsten Vorteile ist die Tatsache, dass bei spiegellosen Kameras der sogenannte Spiegelkasten wegfällt. Das ist der Teil an der DSLR, in dem sich der Spiegel bewegt.
Dieser Spiegelkasten bestimmt den Abstand zwischen dem Objektiv-Anschluss und dem Sensor. Dieser Abstand wird besonders dann problematisch, wenn er wie bei der Adaption vieler alter M42 Objektive an Nikon Kameras etwas länger ist, als die Berechnung die Konstruktion des Objektives eigentlich vorsieht.
So ergibt sich beispielsweise bei alten Helios Objektiven die Problematik, dass man an einer Nikon DSLR mit ihnen nur im Nahbereich scharf stellen kann. Alles, was über die ersten Meter hinaus geht lässt sich nicht mehr scharfstellen. Wenn du dich näher mit der Adaption von Helios-Objektiven beschäftigen möchtest, findest du hier einen ausführlichen Artikel zu dem Thema.
Bei spiegellosen Systemen ist der Spiegelkasten logischerweise kein Thema. Der Abstand des alten Objektives zum Sensor lässt sich hier ganz einfach mit der länge des Adapters regeln. Aus diesem Punkt passen die meisten die meisten alten Objektive mit einem Adapter ohne größerer Probleme an eine spiegellose Kamera, während beispielsweise eine Adaption an eine Nikon DSLR meist nur mit sehr eingeschränktem Fokus-Bereich möglich ist.

Manueller Fokus, ein Problem?
Ein schönes altes Objektiv mit schwerem Tubus hat logischerweise noch keinen Autofokus. Und selbst wenn es einen hätte, ließe dieser sich nicht mit den Schnittstellen einer modernen Kamera verbinden.
Es ist also geboten eine Möglichkeit zu finden ganz klassisch mit einem manuellen Fokus scharfe Fotos zu produzieren. Bei modernen Prosumer DSLRs ergibt sich dabei allerdings das Problem, dass diese im Sucher nicht mehr über den klassischen Schnittbild-Indikator verfügen. Bei den meisten DSLRs muss man sich mit einem kleinen grünen Fokus-Indikator Punkt begnügen.
Hier zeigt sich eine weitere große Stärke der DSLMs. Gute spiegellose Systeme ermöglichen das Anzeigen des fokussierten Bereiches mithilfe des sogenannten Fokus-Peaking.
Dabei wird direkt im elektronischen Sucher oder auf dem Bildschirm angezeigt, welche Teile des Bildes im Fokusbereich liegen. Eine Funktion die geradezu geschaffen ist für die Verwendung alter Objektive.
Scharfe Fotos mit alten Objektiven ist mit Fokus-Peaking kein Problem mehr. Noch ein guter Grund für die Verwendung einer DSLM.
APS-C oder Vollformat?
Auch bei der Auswahl der richtigen Kamera für die Adaption alter Objektive stellt sich die Frage, ob man sich eine Vollformat-Kamera zulegen sollte oder eher ein APS-C System.
Meiner Meinung nach lohnt es sich eher eine APS-C Kamera zu kaufen, wenn die Kamera explizit nur für Experimente mit alten Objektiven gedacht ist. Diese Überlegung beruht auf mehreren Gründen.
- Ein APS-C Sensor nutzt nur den mittleren Teil des Strahlenbündels, das vom Objektiv auf den Sensor gelenkt wird. Dieser Anteil trifft beinahe senkrecht auf den Sensor. Damit reduziert sich die Vignette des Objektives deutlich und auch CAs sollten weniger sichtbar sein, als bei der Verwendung eines Vollformat-Sensors. Das hat vorallem mit den Besonderheiten von Sensoren gegenüber Film zutun. Wer mehr zu dem Thema erfahren möchte, sollte sich das folgende Video ansehen.
- APS-C Kameras sind im allgemeinen günstiger.
- Die größere Schärfentiefe im APS-C Format macht das manuelle fokussieren deutlich einfacher.
Was sollte ein M42-Adapter kosten?
Adapter für alte objektive mit M42-Anschluss gibt es wie Sand am mehr und sind häufig schon für unter zehn Euro zu haben. Zum spielen mag das sicher keine schlechte Sache sein, aber wer ernsthaft mit alten Objektiven fotografieren möchte, der sollte sich überlegen, ob er nicht einmal ein paar Euros mehr in die Hand nimmt. Wir reden hier nicht von Unsummen, sondern Unterschieden von 20 Euro, die eine deutlich verbesserte Bildqualität bieten.
Wie erkennt man einen guten Adapter?
- Der Adapter sollte am Bajonettverschluss der Kamera absolut ohne Spiel anzubringen sein.
- Wenn der Adapter von einem bekannten Hersteller wie K&F ist, schadet das sicher auch nicht 😉
Welche moderne Kamera eignet sich besonders gut für alte Objektive?
Die meiner Meinung nach besten modernen Kameras für die Verwendung alter Objektive, sind die Kameras der Sony alpha 6000er Reihe.
Die Kameras bieten eine brauchbaren elektronischen Sucher mit Fokus-Peaking und wenn man nicht das allerneuste Modell möchte, sind die Kameras gebraucht sehr günstig zu bekommen.
Auch gute M42-Adapter für alte Objektive sind schon für rund 25€ zu haben. Es lassen sich also problemlos alte Schätze an den Sony e-Mount anschließen.
Einziges Manko der Kamera: Sie frisst Akkus wie Chips. Du solltest dich also damit anfreunden immer ein paar geladene Ersatz-Akkus dabei zu haben.
Hast du eigene Erfahrungen mit alten Objektiven an modernen Kameras? Dann lass uns doch einen Kommentar da!
Carsten
10 Jan 2021„Gute Adapter verfügen meist über ein zusätzliches Linsenelement aus optischem Glas.“
Sorry, aber das stimmt nicht. Die zusätzliche Linse in einem Adapter hat nur damit zu tun, das Auflagen auszugleichen, wie z.B. von M42 auf Nikon – eine Korrekturlinse.
Jede zusätzliche Linse VERSCHLECHTERT das Bildergebnis. Daher würden gerade hochwertige Adapter wenn immer möglich auf solch eine Linse verzichten. Solch eine Linse kann immer nur ein Kompromiss sein und sie ist bei einem normalen Adapter auch absolut nicht nötig.
Ich würde diesen Satz unbedingt aus dem Text entfernen.
Armin
11 Jan 2021Du hast vollkommen recht. Danke für den Kommentar!
Flo
17 Mrz 2021Hallo,
erstmal Danke für den tollen Artikel! Er enthält viele gute Aspekte und war genau das was ich gesucht habe!
(Ich überlege mir den Kauf einer Systemkamera zur Verwendung alter Objektive).
Ein Punkt ist mir jedoch nicht ganz klar geworden und vielleicht könntest du darauf noch etwas eingehen: Wie verhält es sich mit der Brennweite von alten analogen Objektiven bei Verwendung an APS-C und Vollformat? Wenn ich es richtig verstanden habe, erhöht sich die Brennweite um einen gewissen Faktor bei Verwendung an APS-C.
In meinem Fall ist es so, dass ich meine analogen Objektiven sowohl für die Fotografie auf Film als auch für den digitalen Einsatz verwenden möchte.
Zum Beispiel mein 50mm Objektiv (analog). Wenn ich das auch als 50mm Brennweite an einer Systemkamera verwenden möchte, benötige ich eine Vollformatkamera oder?
Wenn ich eine ASP-C Kamera kaufe, muss ich meine Objektive daran anpassen und kann nicht 1:1 ein 50mm von der Analogen als 50mm auf der Systemkamera nutzen. richtig?
Wenn ich 50mm an einer ASP-C erhalten möchte, muss ich mir ein Weitwinkel Objektiv zulegen?
Für einen Ratschlag wäre ich dankbar!
Armin
15 Apr 2021Hallo Flo,
Schön, dass du meine Begeisterung für die alten Objektive teilst!
Sieh dir mal den diesen Wiki-Artikel an. Dort findest du ein Bild mit einem Sensorgrößenvergleich. Dir fällt wahrscheinlich auf, dass das was früher das Kleinbild-Format war, heute als Vollformat bezeichnet wird.
Wenn du also ein analoges 50mm-Objektiv weiter als solches nutzen möchtest, solltest du dir eine Kamera mit Vollformat-Sensor zulegen. Ich persönlich würde da zu einer Gebrauchten greifen und habe hier auch einen kurzen Beitrag zu gebrauchten DSLRs geschrieben.
Der Umrechnungsfaktor APS-C – Vollformat liegt je nach Hersteller etwa bei 1,5-1,6. Für einen „50mm-Look“ an einer APS-C bietet sich also beispielsweise ein 35mm an.
Ich hoffe das hilft dir weiter! 🙂